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Punkt, Punkt, Komma, Strich, ...

Aktualisiert: 9. Mai

…fertig ist das taktische Zeichen. Wie sie zusammengesetzt werden und was dahinter steckt erfahrt Ihr in diesem Beitrag.


Was haben Verkehrszeichen, eine Kartenlegende, ein Schaltplan und unsere taktischen Zeichen gemeinsam?



Ganz einfach: Sie alle sind Formen von Zeichensprachen. Sie ersetzen lange, schriftliche Beschreibungen – vorausgesetzt, alle Beteiligten beherrschen die jeweilige Sprache. Ein Elektriker, der keinen Schaltplan lesen kann? Undenkbar. Genauso wie ein Straßenverkehr ohne Kenntnisse über Vorfahrts- und Verbotsschilder. Auch ein Zugführer, der nie den Umgang mit taktischen Zeichen gelernt hat, wird auf einer Lagekarte kaum sinnvolle Entscheidungen treffen können.

In diesem Beitrag widmen wir uns daher den Symbolen, Linien und Kästchen, die uns im Einsatz als Führungskräfte in Hilfsorganisationen begegnen – und die, richtig eingesetzt, einen enormen Beitrag zur Verständigung und Führung leisten.



Die Grundlage

Woher stammen eigentlich diese ganzen Zeichen? Wie so vieles im Bevölkerungsschutz wurzelt auch das System der taktischen Zeichen im militärischen und polizeilichen Bereich – dort hat es sich über Jahrzehnte bewährt. Für uns relevant wurde es durch die „Empfehlung für taktische Zeichen im Bevölkerungsschutz“, herausgegeben von der Ständigen Konferenz für Katastrophenvorsorge und Bevölkerungsschutz (SKK) unter Beteiligung des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK). Ziel war es, eine einheitliche, organisationsübergreifende Symbolsprache für Großschadenslagen zu schaffen – und das ist, zumindest in der Praxis vieler Einsätze, auch gelungen.

Feuerwehr und Technisches Hilfswerk haben diese Empfehlung jeweils in ihre Dienstvorschriften 102 überführt. Im Land- und Wasserrettungsdienst gibt es bislang keine spezifische Vorschrift – deshalb orientieren wir uns im weiteren Verlauf dieses Beitrags an der offiziellen SKK-Empfehlung.

Da es sich bei dem Dokument nur um eine Empfehlung handelt, sind die beschriebenen Zeichen zunächst nicht bindend. In den meisten Hilfsorganisationen wie dem THW, den Feuerwehren, der Wasserwacht und der DLRG gibt es daher eigenen Vorschriften und Richtlinien, die die Empfehlung der SKK umsetzen, anpassen und ergänzen.

Um die Inhalte hier möglichst universell zu halten, ist der Ausgangspunkt für den weiteren Verlauf des Beitrages nach der Empfehlung der SKK.



Die Grundzeichen

Beim Erstellen taktischer Zeichen steht zunächst die grundsätzliche Entscheidung an, was dargestellt werden soll: eine Einheit, eine Person, eine Führungsstelle, ein Fahrzeug – sogar Maßnahmen, Gefahren und Funkverbindungen lassen sich nach den Vorgaben der SKK abbilden. Ebenso existieren spezifische Eintragungen für Kartendarstellungen, etwa für gefährdete Gebiete oder unpassierbare Straßen.

Im Fokus stehen zunächst die am häufigsten verwendeten taktischen Zeichen zur Darstellung der eigenen Lage, die taktische Formation. Grundlage dafür sind folgende Grafiken, die als Bauplan dienen:


Zunächst wird ein Grundzeichen mit einem Symbol aus dem Bereich der Gefahrenabwehr kombiniert – im Beispiel eine Einheit der Wasserrettung. Anschließend folgen Ergänzungen an den vier Außenpositionen:

  • Oben: Größenordnung; hier Trupp

  • Rechts: Angaben zur Zugehörigkeit, bei uns i.d.R. Rufname

  • Unten: Angaben zur Stärke und Bewegung (z.B. bei Marsch)

  • Links: Zeitangaben, z.B. ETA (geschätzte Ankunftszeit)


Zusätzliche Eintragungen im Inneren des Zeichens sind möglich – oben links für besondere Fähigkeiten, unten rechts für die Organisation.


Die SKK formuliert hierzu klare Anforderungen:

"Taktische Zeichen sollten

  • logisch und eindeutig sein.

  • einfach und möglichst selbsterklärend sein.

  • mit einfachen Mitteln darstellbar sein. […] "

Der Grundsatz lautet daher: so viel wie nötig, so wenig wie möglich.


Die erforderlichen Elemente liefert die SKK-Empfehlung – unser „Baukasten“. Wie sich daraus Zeichen zusammensetzen lassen, zeigt die folgende Darstellung:

Ein Baukastensystem: verschiedene Kombinationen aus Grundzeichen, Symbolen und Erweiterungen ergeben das fertige taktische Zeichen
Ein Baukastensystem: verschiedene Kombinationen aus Grundzeichen, Symbolen und Erweiterungen ergeben das fertige taktische Zeichen

Auch handschriftlich lassen sich so klare und vollständige Zeichen erstellen. Die gezeigten Beispiele können durch Informationen zu Zugehörigkeit, Raum und Zeit gemäß der oben erläuterten Struktur ergänzt werden.


Farben taktischer Zeichen

Die Beispiele sind in Schwarz gehalten, doch Farben spielen eine wichtige Rolle:Blau steht für das THW, Rot für die Feuerwehr, Schwarzweiß für den Rettungsdienst usw. Computergestützt wird das Grundzeichen entsprechend farblich gefüllt. Handschriftlich kann das Zeichen einfach vollständig in der jeweiligen Farbe gezeichnet werden – hier Schwarz für den Wasserrettungsdienst.

Ist das nicht möglich, etwa weil Gelb auf bestimmten Unterlagen schlecht sichtbar ist, sollten ergänzende Beschriftungen erfolgen. Gefahren werden standardmäßig in Rot dargestellt. Zur besseren Übersichtlichkeit stelle ich die eigene Lage (auch wenn fremde Organisationen beteiligt sind) meist in Schwarz und die Schadenlage in Rot dar. Diese Praxis ist auch aus der militärischen Lagekartengestaltung bekannt, wo Farben der Unterscheidung zwischen eigenen und feindlichen Kräften dienen. Schriftliche Zusätze bleiben dadurch oft notwendig. Hier gilt es, verschiedenes auszuprobieren und eine individuelle Lösung zu finden.


Zeichen zusammenfassen

Sind alle taktischen Zeichen auf der Karte eingetragen, wird es schnell unübersichtlich. Um dem entgegenzuwirken, gibt es Methoden, Zeichen zusammenzufassen:

  1. Gleiche Einheiten werden durch eine Anzahl oben rechts gekennzeichnet (hier z. B. vier Motorrettungsboote Kat-1)

  2. Eine Klammer mit Linie zeigt mehrere Einheiten am selben Ort

  3. Führungsstellen lassen sich mit einer „Fahnenstange“ bündeln, z. B. EAL und Übungsleitung am selben Ort


Um die Karte übersichtlich zu halten, lassen sich die Zeichen unterschiedlich zusammenfassen
Um die Karte übersichtlich zu halten, lassen sich die Zeichen unterschiedlich zusammenfassen

Weitere Markierungen in Karten

Manche Informationen gehören direkt in die Karte – etwa gefährdete Gebiete. Dabei kann zwischen akuten, drohenden und vergangenen Gefahren unterschieden werden. Die folgende Darstellung zeigt ein überflutetes Gebiet bei steigendem Pegelstand. Ergänzt wurden die Zeichen für „Hochwasser“ und „Tendenz steigend“:



Eigene Gedanken

Wie eingangs erwähnt, basiert dieser Beitrag auf der Empfehlung für taktische Zeichen im Bevölkerungsschutz – und eben nicht auf einer speziell für die Wasserrettung formulierten Version. Deshalb werdet Ihr beim praktischen Einsatz vermutlich irgendwann an Grenzen stoßen. Genau das war für mich der Anlass, Ergänzungen zu entwickeln, die speziell im Wasserrettungsdienst hilfreich sein könnten. Außerdem habe ich einige Symbole überarbeitet, die in der SKK-Empfehlung meiner Ansicht nach inkonsequent oder widersprüchlich dargestellt sind.

Das Ergebnis ist eine eigene Umsetzung der Empfehlung – gedacht als praktische Erweiterung, die man zum Beispiel als „DV 102 Wasserrettung“ einsetzen könnte. Das ist übrigens keine revolutionäre Idee: Auch das THW hat die SKK-Empfehlung einfach übernommen und in ein eigenes Layout gegossen.



Ein Beispiel: Für den Bereich Deichverteidigung habe ich eigene Zeichen eingeführt. Deichschäden lassen sich damit präzise in die Lagekarte eintragen – etwa Sickerlinien, Schäden auf der Außendeichseite, punktuelle oder flächige Durchströmungen und auch drohende Deichbrüche.

Mit eigenen Zeichen können Deichschäden gekennzeichnet werden, zum Beispiel: Sickerlinie, Schäden außendeichs, punktuelle und flächige Durchströmung und ein fraglicher Deichbruch
Mit eigenen Zeichen können Deichschäden gekennzeichnet werden, zum Beispiel: Sickerlinie, Schäden außendeichs, punktuelle und flächige Durchströmung und ein fraglicher Deichbruch

Führung darstellen

Ein Punkt bleibt schwierig: die Darstellung von Führungspersonen und -einrichtungen. Wann nutzt man Gelb, wann den Führungsbalken? Eine klare Linie sucht man in der SKK-Empfehlung vergeblich.

Folgende situationsabhängige Möglichkeiten gibt es:

  • Führungsstellen (z. B. EAL, SanEL) in Gelb ohne Balken, auch wenn sie nur eine Organisation betreffen.

  • Führungspersonen in Gelb mit oder ohne Balken oder in der Organisationsfarbe mit Balken.

  • Zug- und Verbandsführer, die mit einem Größenordnungssymbol versehen werden, in der jeweiligen Organisationsfarbe mit Balken.

  • Führungstrupps und -gruppen in Gelb mit oder ohne Balken oder in der Organisationsfarbe mit Balken.

Ich empfehle: Schreibt bei allen Führungselementen (ELRD, ÖEL, TEL, OrgL, UG-SanEL, EAL etc.) die Bezeichnung in das Zeichen – auch wenn ein Symbol dafür vorgesehen wäre. Das verhindert Missverständnisse und sorgt für Klarheit.



Ausbildungshilfe

Zum Schluss noch ein kleines Extra: Für die Ausbildung von angehenden Führungskräften nutze ich ein kleines Heft in Kombination mit einem Planspiel. Dabei wird im Lehrgespräch das taktische Zeichen Schritt für Schritt aufgebaut – mit Beispielen wie einem Tauchtrupp, einem Zugführer oder einem NEF mit Zusatzmerkmalen.




Fazit

Ich hatte in der Schule fünf Jahre Latein und vier Jahre Spanisch. Kann ich heute lateinische Inschriften im Petersdom übersetzen oder einem Touristen auf Spanisch diesen Beitrag erklären? Leider nein. Aber auf Englisch würde es gehen – weil ich es aktiv nutze: im Alltag, im Beruf, durch Filme und Bücher. Und genauso ist es auch mit taktischen Zeichen.

Wenn Ihr Euch einmal mit dem System vertraut gemacht habt, ist das schon die halbe Miete. Die andere Hälfte besteht aus Übung, Training und Einsatz.

Mit meinen weiteren Beiträgen zur Lagedarstellung und zum Aufbau von Lagekarten habt Ihr das nötige Rüstzeug, um bei Übungen, Planspielen oder Führungssimulationen einfach mal loszulegen. Und ersetzt irgendwann die Handskizzen auf dem Klemmbrett durch ein professionelles, verständliches Lagebild.

Denn genau wie bei Fremdsprachen gilt auch hier: Wenn man’s einmal kann, macht’s richtig Spaß.



Bildquellen:

Eigene

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