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AutorenbildManuel Klinnert

Punkt, Punkt, Komma, Strich, ...

…fertig ist das taktische Zeichen. Wie sie zusammengesetzt werden und was dahinter steckt erfahrt Ihr in diesem Beitrag.

 

Was haben Verkehrszeichen, eine Kartenlegende, ein Schaltplan und unsere taktischen Zeichen gemeinsam?



Genau. Das alles sind Zeichensprachen, die uns langwierige schriftliche Ausführungen ersparen. Voraussetzung ist natürlich, dass die gemeinsame Zeichensprache einmal gelernt wurde. Was wäre wohl ein Elektriker, der keinen Schaltplan lesen kann? Oder wie würde es auf unseren Straßen aussehen, wenn die Verkehrsteilnehmer nicht über Bedeutung von Vorfahrts- und Verbotsschildern Bescheid wüssten? Äußerst fragend wird ein Zugführer auf die Lagekarte blicken, der nie gelernt hat, mit taktischen Zeichen zu arbeiten. Daher wollen wir diesen Beitrag ganz den Kästchen, Kreisen und Linien widmen, die uns im Einsatz als Führungskraft erwarten können.



Die Grundlage

Wer hat sich dieses ganze Konzept eigentlich ausgedacht? Wie so viel kommt es aus Militär und Polizei und hat sich dort bereits bewährt. Wirklich relevant wird es für uns bei der Empfehlung der SKK, der „Ständigen Konferenz für Katastrophenvorsorge und Bevölkerungsschutz“. Hier haben sich kluge Köpfe des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe zusammengetan und sich darüber Gedanken gemacht, welche Grundzeichen, Symbole und Erweiterungen denn in den verschiedensten Großschadenslagen Sinn ergeben. So konnte eine gemeinsame Basis geschaffen werden, und in den meisten Einsätzen funktioniert das auch ganz gut. Das Technische Hilfswerk und die Feuerwehr haben die Empfehlung sogar in Form der jeweiligen Dienstvorschrift 102 in ihre Vorschriftenlandschaft aufgenommen. Im Land- und Wasserrettungsdienst ist mir leider keine explizite Vorschrift zu diesem Thema bekannt (dazu aber später mehr). Daher halten wir uns für den weiteren Verlauf des Beitrages zunächst an die Empfehlung der SKK.



Die Grundzeichen

Baue ich mir ein taktisches Zeichen zusammen, muss ich zunächst einmal festlegen, um was es grob geht. Eine Einheit, eine Person, eine Stelle, ein Fahrzeug, sogar Maßnahmen, Gefahren und Funkverbindungen können gemäß den Vorgaben der SKK dargestellt werden. Auch werden Eintragungen speziell für Kartendarstellungen gelistet, wie durch Gefahren betroffene Gebiete oder Ungangbarkeit von Straßen.

Wir wollen uns aber zunächst mit der Zusammensetzung der meistgenutzten taktischen Zeichen für die eigene Lage auseinandersetzen. Wichtig sind dazu diese Grafiken. Sie dienen sozusagen als Bauplan:


Zu allererst kombinieren wir das Grundzeichen mit dem Symbol der Gefahrenabwehr. Hier: "Einheit" und "Wasserrettung". Außen werden dann folgende Informationen ergänzt:

  • Oben: Größenordnung; hier Trupp

  • Rechts: Angaben zur Zugehörigkeit, bei uns i.d.R. Rufname

  • Unten: Angaben zur Stärke und Bewegung (z.B. bei Marsch)

  • Links: Zeitangaben, z.B. ETA (geschätzte Ankunftszeit)

Darüber hinaus können innerhalb des Zeichens weitere Ergänzungen zu Fähigkeiten (oben links) und Organisation (unten rechts) vorgenommen werden.

Natürlich sind weiteren lageabhängigen Anmerkungen keine Grenzen gesetzt. Die Prämisse wird jedoch bereits durch unser Grundsatzdokument festgelegt:

Taktische Zeichen sollten

  • logisch und eindeutig sein.

  • einfach und möglichst selbsterklärend sein.

  • mit einfachen Mitteln darstellbar sein. […]

Hier also der Grundsatz: so viel wie nötig, so wenig wie möglich.


Nun haben wir die Bauanleitung. Den dazugehörigen Baukasten stellt unser Grundsatzdokument, die Empfehlung der SKK, dar. Wie das dann aussehen kann, seht Ihr in dieser Grafik:

Ihr seht: auch handschriftlich lassen sich erkennbare taktische Zeichen erstellen, die alle nötigen Informationen enthalten. Zu diesen Beispielen können nun noch Informationen zu Zugehörigkeit, Raum, Zeit und so weiter entsprechend der oben gezeigten "Bauanleitung" ergänzt werden.

Die gezeigten Beispiele sind alle in schwarz gehalten. Wir müssen uns also noch über Farben unterhalten. Grundsätzlich wurde jeder Hilfsorganisation eine Farbe zugeordnet. Blau für das THW, rot für die Feuerwehr, schwarzweiß für Rettungsdienste und so weiter. Erstellt man taktische Zeichen computergestützt werden die Grundzeichen einfach mit der jeweiligen Farbe ausgefüllt. Für den handschriftlichen Einsatz kann dazu einfach das gesamte Zeichen in der entsprechenden Farbe gezeichnet werden. Das bietet sich bei den gezeigten Beispielen des Wasserrettungsdienstes natürlich an. Ist das nicht möglich (z.B. weil bei Einrichtungen der Führung das Gelb nicht erkennbar wäre) müssen gegebenenfalls schriftliche Ergänzungen erfolgen. Gefahren werden übrigens auch rot dargestellt. Deshalb und zur Vereinfachung stelle ich in der Regel die gesamte eigene Lage (also bei Bedarf auch Kräfte anderer HiOrg) schwarz und die Schadenlage rot dar. Vielleicht kommt hier auch meine militärische Vorbelastung zum tragen, wo die Farbe auch Eigene und Feindkräfte unterscheiden soll. Wichtig sind dann natürlich gegebenenfalls erforderliche schriftliche Ergänzungen.


Wir haben also die klassischen taktischen Zeichen zusammengesetzt, die wir nun in unsere Karte eintragen können. Nutzen wir keine Möglichkeiten, um Inhalte aus der Karte auszulagern (wie z.B. Schadenkonten), kann diese schnell überladen werden. Daher gibt es verschiedene Methoden, Zeichen zusammenzufassen. In der Grafik unten seht Ihr die wichtigsten drei:

  • die Anzahl mehrerer gleicher Zeichen wird durch eine Nummer oben rechts markiert (hier: vier Motorrettungsboote Kat-1)

  • eine Klammer mit Linie zeigt, dass mehrere Einheiten sich an einem Standort befinden

  • Führungseinrichtungen können durch die symbolisierte „Fahnenstange“ zusammengefasst werden (hier befinden sich EAL und Einrichtungen der Übungsleitung am Fuße der „Fahnenstange“)


Um die Karte übersichtlich zu halten, lassen sich die Zeichen unterschiedlich zusammenfassen

Weitere Markierungen in Karten

Manche Markierungen ergeben nur Sinn, wenn sie direkt in die Karte eingezeichnet werden. Zum Beispiel, wenn man von einer bestimmten Gefahr betroffene Gebiete einzeichnen möchte. Dabei habe ich die Möglichkeit akute, drohende und ehemalige Gefahren zu unterscheiden. Diese Abbildung zeigt ein überflutetes Gebiet bei steigendem Pegel und den demzufolge drohenden Überschwemmungen. Zur Verdeutlichung wurden die taktischen Zeichen für "Hochwasser" und "Tendenz steigend" ergänzt.



Eigene Gedanken

Als Grundlage haben wir, wie angesprochen, die "Empfehlung für taktische Zeichen im Bevölkerungsschutz" genutzt. Nicht etwa "...für taktische Zeichen in der Wasserrettung". Daher kann es gut sein, dass, wenn Ihr das Pamphlet nutzt, Ihr irgendwann an dessen Grenzen stoßt. Aus diesem Grund habe ich mir ein paar Ergänzungen überlegt, die im Bereich des Wasserrettungsdienstes praktisch werden könnten. Zudem habe ich Symbole abgeändert, die meiner Meinung nach in der Empfehlung der SKK widersprüchlich umgesetzt wurden.

Zusammengetragen habe ich das ganze in einer eigenen Umsetzung der Empfehlung, die beispielsweise als separate "DV" 102 für den Wasserrettungsdienst genutzt werden kann. Das ist übrigens nichts Neues: das Technische Hilfswerk hat ebenfalls einfach die Schrift der SKK genommen und in ein eigenes Layout übertragen.



Beispielsweise habe ich einen Abschnitt für die Deichverteidigung ergänzt. Deichschäden können nun explizit in die Karte eingetragen werden, die folgende Grafik zeigt ein Beispiel:

Mit eigenen Zeichen können Deichschäden gekennzeichnet werden, zum Beispiel: Sickerlinie, Schäden außendeichs, punktuelle und flächige Durchströmung und ein fraglicher Deichbruch

Was auch ich nach wie vor nicht konsequent darstellen konnte: Personen und Einrichtungen der Führung. Wann nutzt man gelbe Farbe, wann den obenliegenden Balken? Aus der Empfehlung der SKK geht keine eindeutige Antwort auf diese Frage hervor. Meine pragmatische Lösung: es ist beides Möglich. Befehlsstellen werden in der Regel gelb ohne Balken dargestellt, auch wenn es sich lediglich um die Führungsstelle einer einzelnen Organisation handelt (z.B. EAL THW oder SanEL). Bei Personen gibt es grundsätzlich mehrere Möglichkeiten. Bei Führungskräften wie dem ELWR, dem ELRD oder dem ELFW, welche nicht per se Einheitsführer darstellen, nutze ich auch gelbe Zeichen, wenn technisch möglich. Hier spare ich mir in der Regel auch den Balken oben. Zug- oder Verbandsführer, deren Zeichen auch ein Größenordnungssymbol bekommen werden von mir jedoch in der Farbe der Organisation und mit Balken dargestellt. Auch Führungstrupps und -gruppen versehe ich mit einem Balken, ob gelb oder in der Organisationsfarbe ist meines Erachtens egal, da ich ohnehin die Bezeichnung hineinschreibe. Das kann ich übrigens generell empfehlen: schreibt bei allen gesonderten Führungskomponenten (ELRD, ÖEL, OrgL, UG-SanEL, EAL, usw.) die Bezeichnung in das Zeichen, auch wenn es durch ein Symbol dargestellt werden könnte. Das beugt Verwirrungen und Verwechslungen vor.



Ausbildungshilfe

Zum Abschluss habe ich noch ein weiteres Gimmick für Euch. Um angehende Führungskräfte mit dem Aufbau von taktischen Zeichen vertraut zu machen, nutze ich in der Regel ein Planspiel im Lehrgespräch und unterstütze die Lerneinheit mit einem Heft, in dem nach und nach das taktische Zeichen zusammengesetzt wird. Als Beispiele dienen ein Tauchtrupp, ein Zugführer und ein NEF mit verschiedenen Zusatzinformationen. In der folgenden Slideshow erhaltet Ihr einen Eindruck davon. Natürlich habe ich Euch auch einen Link zum Download zur Verfügung gestellt. Darin enthalten ist auch die Anleitung zum Druck.




Fazit

Ich durfte in meiner Schulzeit fünf Jahre Lateinunterricht und vier Jahre Spanischunterricht "genießen". Bin ich heute in der Lage antike Inschriften im Petersdom zu übersetzen oder einem spanischen Touristen den Inhalt dieses Artikels in seiner Sprache zu erklären? Leider nicht. Aber auf englisch würde ich es hinbekommen. Denn durch Urlaube, meine Arbeit, englische Filme und Bücher konnte ich meine Englischfähigkeiten stets aufrecht erhalten. Und genauso verhält es sich mit dieser Zeichensprache, die ich Euch heute versucht habe näher zu bringen. Habt Ihr Euch also einmal in das Thema eingearbeitet, ist das die halbe Miete. Die andere Hälfte besteht aus Übung, Training und Anwendung im Einsatz.

In Verbindung mit meinen Beiträgen zur Lagedarstellung und den Elementen einer Lagekarte seid Ihr mit dem nötigen Rüstzeug ausgestattet, bei Übungen, Planspielen und Führungssimulationen Euch einfach Mal auszuprobieren und die Notizen auf Eurem Klemmbrett nach und nach durch taktische Zeichen und systematische Darstellungen zu ersetzen.

Und wie mit Fremdsprachen verhält es sich hier auch: wenn Ihr es erst einmal beherrscht, macht es Spaß das Gelernte anzuwenden.



Bildquellen:

Eigene

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